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Der Weizenfeldversuch von Dr. Christof Sautter wird mit vielen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt, welche in den USA nicht nötig wären. Heisst das, Feldversuche in den USA sind weniger sicher?
Sowohl in den USA wie auch in der Schweiz müssen Freisetzungsversuche den strengen Vorschriften der entsprechenden Zulassungsbehörden genügen. Dabei stehen Sicherheitsaspekte und mögliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt im Vordergrund.

In der Schweiz muss ein Gesuch für einen Feldversuch beim Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) eingereicht werden. Der Versuch muss darin detailliert beschrieben werden, d.h. die Zielsetzungen müssen klar definiert, die Versuchspflanzen sowie deren neu eingeführte Merkmale charakterisiert, die Methodik und der genaue Ablauf des Experiments beschrieben und der Standort der Durchführung im Detail charakterisiert werden. Zudem muss der Antragsteller selbst eine Risikoanalyse durchführen. Darin sind die möglichen Auswirkungen des Experiments auf Mensch und Umwelt darzustellen und die Umsetzung der vorgeschriebenen Sicherheitsmassnahmen zu erläutern. Das BUWAL koordiniert die Begutachtung des Gesuchs und trifft die abschliessende Entscheidung. Es stützt sich dabei auf die Verordnung des Bundesrates über den Umgang mit Organismen in der Umwelt (Freisetzungsverordnung)(Link). Das BUWAL holt zur Begutachtung die beratenden Stellungnahmen von mehreren Faschstellen ein. Es sind dies die Eidgenössische Fachkomission für biologische Sicherheit (EFBS), das Bundesamt für Gesundheit (BAG), das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW), die Ethikkomission für Gentechnik im ausserhumanen Bereich (EKAH), das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) und schliesslich die kantonale Fachstelle desjenigen Kantons, in welchem der Feldversuch durchgeführt werden soll. Jede dieser Fachstellen beurteilt das Gesuch nach unterschiedlichen Gesichtspunkten, wobei beim BLW die landwirtschaftlichen Aspekte, beim BVET die möglichen Auswirkungen auf Fauna und Nutztiere, beim BAG Gesundheitsaspekte, bei der EFBS die Sicherheitsfragen und bei der EKAH die ethischen Fragen im Vordergrund stehen. Die zuständige kantonale Stelle berücksichtigt alle Aspekte im Hinblick auf die lokalen Verhältnisse vor Ort. Zusätzlich können weitere externe Gutachten eingeholt werden. Alle Fachstellen reichen Ihre Gurtachten mit entsprechenden Empfehlungen ein. Das BUWAL selbst prüft die Umweltverträglichkeit und entscheidet aufgrund aller Daten über die Bewilligung.

In den USA müssen Gesuche dem Animal and Plant Health Inspection Service (APHIS) des U.S. Department of Agriculture (USDA) eingereicht werden (Link). Dieses stützt sich bei der Beurteilung auf den Federal Plant Pest Act (PPA) und den Plant Quarantine Act (PQA). Ähnlich dem Bewilligungsverfahren in der Schweiz prüft der APHIS, ob vom vorgesehenen Feldversuch negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft oder auf die Umwelt ausgehen können. In den Gesuchen für Feldversuche müssen die Versuchspflanzen genau charakterisiert, das Sicherheitsrisiko abgeschätzt und die Sicherheitsmassnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von transgenem Material beschrieben werden. Wenn die Analyse eines Gesuchs keinen Hinweis auf eine signifikante Gefährdung der Umwelt ergibt, wird es bewilligt. Die Anforderungen an diese Gesuche sind damit denen in der Schweiz vergleichbar. Neben dem USDA sind in Abhängigkeit von der Art der Versuchspflanze und der Phase der Zulassung auch die Environmental Protection Agency (EPA) und die Food and Drug Administration (FDA) bei der Beurteilung von gentechnisch veränderten Organismen beteiligt. Die USDA ist dabei für den sicheren Anbau, die EPA als Fachkommission für Pestizide für die Umweltsicherheit und die FDA schliesslich für die Lebensmittelsicherheit zuständig. Handelt es sich z.B. um eine Versuchspflanze mit Pilzresistenz, so beurteilt neben dem APHIS auch die EPA das Gesuch, weil die Versuchspflanze Schutzmechanismen gegen Schädlinge enthält. Dabei muss die Versuchspflanze im Hinblick auf ihre Pestizidwirkung die gleichen Anforderungen wie herkömmliche, z.B. biologische oder chemische Pestizide, erfüllen. Da die USA eine sehr grosse Erfahrung mit der Durchführung von Feldversuchen besitzt – es wurden in den letzten zehn Jahren rund 7000 Feldversuche durchgeführt – gibt es zusätzlich ein beschleunigtes Eingabeverfahren, die sog. Notification. Notification ist möglich, wenn entsprechende Pflanzen und die verwendeten Genkonstrukte sowie die in den entsprechenden Feldtests angewendeten Methoden schon hinreichend charakterisiert bzw. bekannt sind. In den Gesuchen mit Notification-Status muss zusammenfassend gezeigt werden, dass das neue Gen stabil in die DNA der Versuchspflanze integriert wurde, dass die Funktion des eingeführten Gens bekannt ist, dass das eingeführte Gen für Mensch und Tier unschädlich und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch für andere Organismen nicht schädlich ist und dass das Erbgut der Versuchspflanzen nicht verbreitet werden kann.

Ganz allgemein hängen die Sicherheitsvorkehrungen, die bei einem Freisetzungsversuch eingehalten werden müssen, vom jeweiligen Versuch ab, d.h. von der verwendeten Pflanze, den neu eingebrachten Genen sowie von der Umgebung in welcher der Versuch stattfindet. Generell muss vermieden werden, dass die Versuchspflanzen auskreuzen können, d.h. dass Polen der Versuchspflanzen in der Umgebung wachsende gleichartige oder wilde Verwandte bestäuben können. Auskreuzung ist nur möglich, wenn in der Umgebung des Versuchs überhaupt Pflanzen wachsen, die mit den Versuchspflanzen kreuzbar sind. So besteht z.B. in Mitteleuropa die Möglichkeit, dass Raps in Feldversuchen auf wilde Verwandte auskreuzen kann. Dies ist hingegen in Kanada wegen fehlenden wilden Verwandten erst gar nicht möglich. Beim Weizenfeldversuch von Christof Sautter ist die Möglichkeit der Auskreuzung aus verschiedenen Gründen sehr gering. Erstens ist Weizen ein strenger Selbstbestäuber. So wird Weizen innerhalb eines Feldes maximal zu etwa 5% von Nachbarpflanzen bestäubt. Dies ist so, weil bei Selbstbestäubern die Bestäubung bei noch geschlossenen Blüten stattfindet und so die Narben schon befruchtet sind, wenn sie später nach dem Öffnen der Blüten mit fremden Pollen in Kontakt kommen. Zweitens haben Weizenpollen eine im Vergleich zu anderen Pollen kurze Lebensdauer und sind schwer, sodass sie vom Wind schlecht transportiert werden. Unter normalen Umweltbedingungen sind Weizenpollen maximal 30 Minuten fruchtbar und werden in der Regel nur wenige Meter von der Ursprungspflanze weggetragen. Aus diesen Gründen gilt in der klassischen Zucht ein Abstand von wenigen Metern als ausreichend, um ein Auskreuzen von der einen Weizensorte auf eine andere zu vermeiden. Für die Beurteilung von Auskreuzungen ist ferner wichtig, ob wilde Verwandte in der natürlichen Umgebung existieren. So ist es möglich, dass die Versuchspflanzen eine wilde verwandte Pflanze in der unmittelbaren Umgebung bestäuben kann. Diese kann damit die neuen Gene aufnehmen und sich weiter ausbreiten. Dies ist im Falle von Weizen in der Nordschweiz nicht der Fall, und der Versuchsweizen kann demzufolge nicht auf Wildformen auskreuzen.
Im Feldexperiment von Christof Sautter werden verschiedene Sicherheitsmassnahmen ergriffen, um das Auskreuzen der Versuchspflanzen zu vermeiden. Am wichtigsten sind dabei die Sicherheitsabstände, welche zu den umgebenden Kulturpflanzen eingehalten werden. Im Umkreis von 60 Metern des Versuchsgeländes wird kein Weizen angebaut werden, und im Umkreis von 60 bis 200 Metern wird angebauter Weizen nur zum Verzehr, nicht aber zur Verwendung als Saatgut freigegeben. Weiter wird der Verbreitung von Samen durch die Errichtung eines Zauns gegen Nagetiere und eines Flugnetzes gegen Vögel vorgebeugt. Als zusätzliche Massnahme gegen die Verbreitung von Pollen werden die Pflanzen während der Blütezeit mit pollendichten Zelten abgedeckt. Diese Vorkehrung wird nicht als Massname gegen Auskreuzung vorgenommen, sondern um den Pollenkontakt mit den Personen auf dem Areal und in der unmittelbaren Umgebung des Versuchsgeländes zu vermeiden, weil man noch keine Erfahrungen hat, ob die Pollen zu allergischen Reaktionen führen könnten. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr gering, da die verwendeten Genkonstrukte und deren Stoffwechselprodukte keine Ähnlichkeit mit bisher bekannten Allergenen haben. Um festzustellen, ob sich während dem Experiment Pollen in die Umgebung verbreiten, wird um die Versuchsparzelle ein Mantel aus herkömmlichem Weizen angesät und bei einigen Blüten dieser so genannten Mantelsaat werden die Staubblätter entfernt, so dass die Narben direkt der Umgebung ausgesetzt sind und sich mit Pollen der Versuchspflanzen bestäuben müssten, sofern solche die Versuchsparzellen verlassen würden. Die befruchteten Blüten dieser Mantelsaat werden dann untersucht und es liesse sich erkennen, ob transgener Pollen aus der Versuchsparzelle in die umgebende Schutzzone gelangen konnte.

Die oben erwähnten Sicherheitsvorkehrungen, mit Ausnahme der pollendichten Zelte, werden in der Schweiz vom Gesetz vorgeschrieben. In den USA sind hingegen Vogelnetze und Umzäunungen gegen Nager nicht vorgeschrieben, weil man dem Verschleppen der Aussaat durch Tiere nicht die gleiche Bedeutung beimisst. Die von Christof Sautter zusätzlich vorgeschlagene Massnahme mit den pollendichten Zelten wird weder in der Schweiz noch in den USA gesetzlich verlangt. Christof Sautter möchte mit ihr zusätzliches Vertrauen schaffen.

Obwohl die Zulassungsrichtlinien für Feldversuche in den USA teils von denen in der Schweiz abweichen, und sich die vorgeschriebenen Sicherheitsmassnahmen unterscheiden können, heisst das nicht, dass Feldversuche in den USA weniger sicher sind, sondern lediglich, dass in den USA aufgrund der bestehenden Erfahrungen und Praxis die Sicherheitsmassnahmen anders gewichtet werden. Man blickt in den USA zudem auf eine über 10jährige Erfahrung mit Feldversuchen zurück und es zeigt sich, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Massnahmen die Sicherheit von Feldversuchen gewährleisten.
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